Nachdem unser Hauptaustausch bezüglich Die 2 hier stattfand, bin ich nunmehr so frei, meine Rezension zu dem Hörspiele "Der Lord und Die 2" ebenfalls auf hiesigem Boden Platz nehmen zu lassen, da die Verwandtschaft zur Serie doch recht groß ist.
LG
„Die 2“, die visuell
prachtvolle und synchrontechnisch sprachgewaltige Kultserie aus den
frühen 70er Jahren, ist bekanntermaßen das Magnum-Opus-Werk der
dichtenden Klanggebrüder Lothar Blumhagen und Rainer Brandt, denn
die u.a. auch seitens eines Herrn namens Karlheinz Brunnemann
(Sullivan in Department S., André in Fantomas bedroht die Welt,
Driver in Schwesterchens Muttermal) verfassten Dialoge bildeten
betörendermaßen einen wortgewandten Höhepunkt allseitiger
Kreativität, diese kunstvolle Erfolgsformel (damals wohlgemerkt,
gegenwärtig wären die Reaktionen wahrscheinlich recht irritiert und
hilflos) mit Wunderelementen und einem Hange zu Wortneuschöpfungen
sie erzeugte einen stimmlichen Orkan der Sprüche-Späße und ein
jedweder Freund von Neologismen danket der Serie bis zum heutigen
Tage ergebenst für ihre beachtliche wortakrobatische Leistung,
meteorhaft gelang der im Originaltone zwar mitnichten schlechten,
aber nicht dasselbe Maß an sprachlicher Brillanz beinhaltenden Serie
ein internationaler Aufstieg, sodass man sich auch in Frankreich ein
Stück weit an der deutschen Fassung zu orientieren versuchte und auf
Curtis' Wunsch gar in Betracht zog, den Stil der hiesigen Version/en
in eine etwaige Zweitstaffel des Originals einzubetten (mit der Hilfe
Rainer Brandts), hierzu jedoch hat es bedauerlicherweise nicht kommen
sollen und so erschien mit „Ja, wo rennen Sie denn?“ eine meines
Erachtens eher durchwachsene Abschlussepisode, welche auch keineswegs
als Solche zu identifizieren ist, es sei denn man interpretierte die
Thematisierung eines Unfalls als melancholisch-nachdenklich
trauerdurchtränktes Abschiedsgedicht der finalen Vollendung.
So nun also die Historie –
und vor knapp 30 Jahren nahm sich dann ein junger Herr, mir ist als
trüge er den Namen Harry Kühn und so ist dem auch, des Stils der
Serie an und versuchte sich an einer eigenen Kreation ähnlichen
Klanges, im Humore vielleicht weniger überdreht und aufdringlich,
nicht ganz so extrem wie unter Brunnemann und Brandt, aber immer noch
geprägt von gehobenem Klange, einem Lördchen in britischem Örtchen,
ironischem Untertone beim „Gegenmodell“ (Charles Retinghauses
Figur entspräche in der lockeren und sportlichen Auftrittsweise ein
Stück weit Danny Wilde, auch die „PS-Flunder“ ist gewillt, in
dieses Bild zu passen – „PS-Flunder? Darf man das als Edelmann
denn sagen?“) sowie der Erinnerung an das unvergleichliche Original
inklusive der einen oder anderen Anspielung auf den Meister der
Verharmlosung, den diplomatischen Wortes unser Duo von der
Wichtigkeit eines jeden Auftrages überzeugenden Richter Fulton,
kurzum: Harry Kühn hat ganze Arbeit geleistet, zu schade nur dass es
sich um ein Hörspiel handelt, denn Filmkunst ohne Film, also
Audiovisuelles ohne Visuelles, entsprach noch nie so recht meinem
Wunschprogramme, so nun ist es „nur“ noch audiöse Kunst, die
Bilddramatik und die Chesterfield-Sessel dächte sich der Konsument
lediglich im Geiste hinzu, als Notlösung also akzeptabel, für den
Freund der Visualisierung aber nicht vollends ausreichend.
Das Abgehobene im
Allgemeinen wird besonders belustigend kommentiert, „12-beinige
Großkatzen sind in Adelskreisen ja obligatorisch“, damit meint
Charles den „Neidischmacher“ vom Lorde, der Ulk daran ist:
Tatsächlich wünsche ich mir bezüglich der Serie eine in die 80er
Jahre verlegte Neuverfilmung mit GENAU diesem Fahrzeuge für Brett
Sinclair (Jaguar Xj-12, auch zu erblicken auf dem Cover der ersten
beiden CDs, die dritte Ausgabe entbehrt hingegen nicht mehr nur des
Wagens, sondern, betrüblicher noch, der Stimmen der originalen
Persuaders), für Wilde hingegen wünschte ich mir in diesem Falle
ein etwas extrovertierter anmutendes, draufgängerischer
erscheinendes Fahrzeug, womöglich einen Irmscher Senator, M5 E34,
einen Audi 200 20V oder einen Lancia Thema 8.32, nur eben trotz der
latenten Aufdringlichkeit keinen Zweitürer, sondern mit den
genannten Beispielen eher ein zumindest annähernd' Pendant zur Katze
des Lordes , auch zwei Daniel'sche Hauptdarsteller fielen mir
scherzhafterweise schon ein, doch sei's drum, ich schweife ab,
tatsächlich vollbrachte man (zur Umsetzung dieser 1990er Idee Kühns
kam es erst ab 2016 bzw. 2017 – in anderen Worten: Lothars Lördchen
wird 90, ein geniales Klassentreffen der Giganten gar 45 Jahre nach
der deutschen Erstausstrahlung und drum befindet sich im Booklet der
ersten CD auch ein Foto der Synchronaufnahmen aus dem Jahre 1972, im
wahrsten Sinne des Wortes entspricht das Hörbuch also der Folge „Das
doppelte Lordchen“, auf ernstere Weise träfe der Titel auch zu
hinsichtlich des Films „Ein Mann jagt sich selbst“) durch die
Verlegung in das Miami-Vice-Jahrzehnt eine zeitliche Anpassung
zugunsten des meinigen Geschmackes, Hauptprotagonist Lord Leyton
Lawlay („Law“ nicht gänzlich zufällig gewählt, ist er doch
Anwalt von Beruf) wird von besagtem Autor Harry auch gesprochen, die
Stimmdarbietung ist sehr gut, allerdings war ich etwas irritiert,
denn ein Vorredner schrieb in einer sehr guten Rezension, Herr Kühn
träfe sehr genau den Ton Blumhagens auf Lord Sinclair, in der
Auswahl des Vokabulars selbst würde ich diese These auch
unterschreiben, doch im allerersten Augenblick, ehe ich mich mit
Kühns Sprache habe anfreunden können, konnte ich mich dieser
Wahrnehmung, mit Verlaub gesagt, mitnichten anschließen, dafür sind
die Stimmen in der Klangfarbe zu unterschiedlich und Blumhagen,
zumindest in den 70er Jahren, trieb die Überbetonung des Eloquenten
auch noch deutlich amüsanter auf die Spitze, im Sounde klänge Kühn
für mich vielmehr eher etwas ähnlich wie Till Hagen, aus diesem
Grunde hätte ich mich gefreut, hätte man die Zeilen Leytons noch
ein wenig „gewürzt“ und ihnen zynischere Untertöne verliehen,
die sanftmütige Diplomatensprache wäre dann zwar weniger zart, aber
in den Kontrasten umso prägnanter, punktuell mag die CD-Serie also
über leichte Schwächen verfügen, diese jedoch sind
vernachlässigbar, denn eine überwiegend positive Wertung läge
ohnedies mehr als im Bereiche des Möglichen und somit äußere ich
mich stellenweise zwar kritisch, aber in keinster Weise
despektierlich bzw. erkenne auch an, mit welch Ambition dieses
Projekt entstand, drum leiste ich Abbitte und betone, dass die
Negativpunkte nur marginal ausfielen, taxiere das Gesamtbild mit
3,9476 Sternen, die sie mathematischer Rundungen wegen der Vier zu
Ehre gereichen.
Doch sei dem wie dem
wolle: Werte Person des Lesens oh bitte so vernimm: Das Resultat ist
gleichwohl geglückt.
Unser Lord versteht sich,
gelinde gesagt, nicht gerade als Lakai und meidet willfähriges
Verhalten wo immer möglich, gleitet durch Sprache und Beruf und
genösse die eine oder andere Annehmlichkeit, dennoch, und auch hier
sind die Parallelen zu Sinclair unübersehbar, behandelt er sein
Gegenüber stets mit Respekt und geht mit den seiner zugedachten
Mächten und Einflüssen nicht missbräuchlich um, denn mag er auf
eine Prosperität auch gar nicht erst angewiesen sein da von
vornherein gewissermaßen gesegnet, so bleibet er trotz alledem
tatkräftig am Balle, er exmatrikuliert sich also nicht aus den
Listen der Handelnden und Tuenden, nur weil er es nicht „nötig“
hat, sich in Bewegung zu setzen, sondern vermag sein, unschön
ausgedrückt, „Geschwafel“ recht sinnvoll einzubringen, unterhält
sich zudem auch gern ausgiebig mit seiner werten Kollegin, welche
übrigens von Judith Brandt (Sophie Marceau) vertönlicht worden ist,
Tochter und Vater Brandt also sind vereint, wie in „Meine Nächte
sind schöner als deine Tage“ von Zulawski bereits Tochter und
Mutter Tochter und Mutter haben spielen dürfen (Ursula Heyer und
Judith), das Der-Die-2-Ur-Serie-Huldigen erreicht wie gesaget
spätestens dann seinen Höhepunkt, wenn Lothar und Rainer abermals
gemeinsam am Mikrophönchen agieren, einige Insider der beschwingten
, lebhaften Serie wurden für den Kenner „versteckt“, so spräche
Herr Brandt etwa in einer Szene von einer „Sektion Sieben“,
sodass man an „Danny, der Bombenjunge“ dächte (Erstausstrahlung
erst 1994) – und apropos 1994: Herr Brandt geradezu kraftvoll
klingt nunmehr mit mehr als 80 (!) Jahren tatsächlich nahezu exakt
gleich wie in den letzten Synchronfassungen der Originalserie
(Synchronzeitpunkte: 1972, 1973, 1984, 1994), auch der Protagonist
Blumhagens kommet (nicht reichlich, aber hier und da) zu Worte,
Lionel Moore heißet dieser (Moore: welch Zufall), gemeinsamen
Teekranzes konversieren „Die 2“ über ihre schwungvolle
Vergangenheit, eine Zeit mit besagtem Richter Fulton, an die
Formulierung „Meister des geistlosen Blabla“ erinnert sich Moore
haargenau, aber aus „Salonlöwe“ wurde „Partytiger“, in
politisch korrekten Zeiten möchte man eben keine Tiergruppe
diskriminieren und schlösse somit auch den anderen Vierbeiner nicht
aus.
So bedeutsam es für meine
Seele auch ist, dass Herr Blumhagen mit von der Partie ist, so sage
ich schweren Herzens dennoch, dass eine gewisse klangliche
Anstrengung nicht mehr in Gänze zu leugnen ist, als (neben u.a.
Jürgen Thormann und Eckart Dux) dienstältester noch aktiver
Synchronmensch wird er womöglich einen gewissen Druck verspüren,
noch im Amte zu bleiben, so hoffe ich daher inständig, dass er den
für ihn persönlich richtigen Zeitpunkt einer „finalen Pause“,
so ihm diese denn beliebt, eigenständig wird finden dürfen, ohne
dass Irgendwer ihm in ebendiesen Prozess hereinredet im Stile von
„Man rechnet aber noch mit dir“ o.ä., nun, wie dem auch sei, die
Hörbuchserie reüssiert auf qualitativer Ebene nicht sonderlich
selten und wir harren ihrer „Die-2-Urgesteine“ immer dann, wenn
sie gerade nicht zu erhören sind, die herrlich jovialen und über
den Dingen stehenden Klänge im positiven Sinne umgarnen unsere Seele
gütigst, wir partizipieren als fester Bestandteil des Geschehens und
schwelgen in lordschaftlichen 70er Erinnerungen, die Geschichte
selbst habe ich dabei aber zu meiner Schande in keiner der Episoden
besonders genau beachtet, denn mögen uns die Dialoge auch
dahingehend instruieren, zu wissen worum es „geht“, war ich
letztlich nie ein Krimifreund und wurde auf „Krimiserien“, die
für mich persönlich eigentlich eher andere Genres bedienen
(Columbo: psychologische Duelle zwischen Täter und Ermittler, Miami
Vice: DePalma'sche Bilddramatik mit Musikvideoästhetik, Die 2:
Sprachorkane mit Liebe zur Schwülstigkeit), eigentlich anderer
Gründe wegen aufmerksam, weshalb mich der Kriminalaspekt auch in
„Der Lord und Die 2“ äußerstenfalls peripher tangierte,
wenngleich zu belöblichen ist, dass es eine Geschichte im
eigentlichen Sinne immerhin „gibt“, denn nur weil ich sie nicht
benötigt hätte, heißt das ja nicht, dass Anderswer meine
diesbezüglich zugegebenermaßen etwas anspruchslose Ansicht 1:1
teilt.
Diplomatisches
Intervenieren ist in vielen Situationen des Hörspiels kaum vonnöten,
Sie erleben trotz ernsthafter politischer Hintergründe eine recht
heitere Kost ohne allzu unsanfte Konflikte im Worte, allzu giftige
Methoden müssen also gar nicht erst eruiert oder in Betracht gezogen
werden, vielmehr schmunzeln unsere Figuren, allen voran Judith fast
schon zu viel, munter vor sich hin, grämen sich nicht, drapieren die
Zuckerwatte ihrer Freude über ihre Seele hinweg, erfreuen sich an
einem Löndönchen der 80er, parlieren („...kann parlieren mit der
ganzen Welt“) begeistert über die Qualitäten ihres (aus
gegenwärtiger Sicht köstlich antiquierten) Autotelefons (man stelle
sich vor: so etwas war damals mit einem Aufpreis von rund 10.000 Mark
verbunden!, als ob die 12er Kalesche mit 94.700,- – Stand 1988 –
nicht so schon zur Genüge teuer gewesen wäre, als Daimler gar
104.700), zwischenzeitlich ertönt ein Klavier und allzu umfangreiche
Besorgnisse sind zumindest auf den ERSTEN Blick nicht in aller
Drastik vorhanden, obzwar ich nachdrücklich betone, dass das noch
nicht notwendigerweise bedeuten muss, dass die Sachlage im Detail
gleichermaßen beruhigend ist..., denn das Schicksal, hier wie auch
dorten, kann ein schikanöser Begleiter sein....., nun denn, kehren
wir nunmehr zum letzten Male zu den ursprünglichen Persuaders
zurück, zumal auf der zweiten Disc, hier dürfte der nostalgische
Aspekt am Stärksten vertreten sein, tauschen sich Moore/Blumhagen
und James (Rainer/Danny) aus bezüglich ihrer Abenteuer in Nizza, sie
zitieren wie gesagt gar Fulton, entsinnen sich der „Olive“
(eigentlich sind es ZWEI, Euer Ehren) aus Schwesterchens Muttermal,
aber auch die Episode (Stichwort/Name: Linda Blake) „Die tote
Tänzerin“ ist dankenswerterweise mit Anspielungen versorget und
bedacht worden, Sie wissen schon: Die Folge in welcher der Jaguar zum
Sprunge bereit ist, Arnold Marquis vor der Fahrt einen „Dreh“
befürchtet, die erweiterte Befürchtung herrscht Hauptdarsteller auf
der eigenen Beerdigung zu sein („...haben Sie schon einmal die
Hauptrolle bei einer Beerdigung gespielt?“) und Wilde dem
Hüpfdirektor Jürgen Thormann einen Besuch abstattete („Kopfstein,
wir sprachen davon“), in diesem Sinne schlösse ich nun langsam
meine schriftlich erfolgte Betrachtung des Geschehens rund herum um
den Advokaten Leyton, die sich chauffieren lassenden Gestalten der
Noblesse sagen Adieu, befleißigen sich des Versuches eines
Textabschlusses und versorgen ihr jeweilig' Antlitz und Ponem mit
einem letzten Grinsen, die feingeistig geschriebene Hommage von
Hörbuchserie schließt ihre Pforten und verbliebe freundlichen
Grußes, verzeiht mir auch, dass ich für Hörspiele
bedauerlicherweise nicht empfänglich bin, gemessen daran sind die
vier Sterne sehr positiv zu interpretieren, ich empfehle die CDs
übrigens insbesondere Personen, welche sich nach einer ZWISCHENEBENE
zwischen O-Ton und Synchronfassung der Originalserie sehnen, denn
fürwahr ist „Der Lord und Die 2“ etwas subtiler als die teils
doch recht hektisch lebhafte Eindeutschung der Ursendung (was
speziell der Sprunghaftigkeit des werten Nervenbündels Wilde
geschuldet ist), zugleich aber bedient sie sich auf sprachlichen
Gefilden deutlich unterhaltsamerer Kunst und hübscherer Wunder als
das Original aus England es tat, betrachten wir unseren 2017er Lord
also als Kompromiss, die wilde und risqué seiend' Devise „Leute,
die lieber Originaltexte hören, interessieren doch gar nicht“
(Geschäfte mit Napoleon, Folge 2) ist diesmal weniger stark
ausgeprägt, aber nach wie vor minimal spürbar, seien Sie bedankt.
12 Beinchen begleiten das
Kätzchen zum Hofe,
der aussteigend' Lord ein
Erbe des Echten,
eine Sprache so betagt wie
zum Bleistift das Wort „Zofe“,
Wortwitz oh ihr erlebet
wahrlich keinen Schlechten.
Reimende Spiele,
parfümierter Glanz,
nostalgische Ziele,
ein zärtlicher Tanz...