Ehrlich gesagt bin ich erleichtert, dass ich mit meinem Eindruck nicht allein bin. Die letzte halbe Stunde hatte ich mit einer Blase im Daueralarm gerade so ertragen, insofern sind meine Eindrücke da vielleicht nicht hundertprozentig objektiv.

So wie Feirefiz und Kronsteen sehe ich es auch. Das Bondfandom hat sich ja in den letzten Jahren größtenteils zu einem Craig-Kult entwickelt, vor allem in diversen FB-Gruppen. Ernsthafte Kritik ist da nicht gern gesehen und landet meistens in der Ecke Bashing/Ewiggestriger. Selbst wenn DC im Austin-Powers-Outfit auf der Premiere aufkreuzt, hagelt es Herzchen. Für mich passt das als Message an die Fans gut zum Film.
NTTD hat für mich klar gemacht, dass die Ära Craig letztlich eher Egotripp als Heldenreise war. Die Frage, bis wann der klassische Bond ging, von dem ich eigentlich (und immer mehr ausschließlich) Fan bin, ist eine gute. Ähnlich wie bei Star Trek, wo ich zwischen Generations und Insurrection schwanke. Eigentlich sehe ich TWINE als den letzten klassischen Bondfilm, von der klassischen Atmosphäre her war es TLD, mit leichten Abstrichen LTK. Ich würde fast sagen, dass der richtige Bond 2002 in einem nordkoreanischen Folterknast starb.
Die Darstellung von Daniel Craig ist ohne Zweifel sehr gut, vor allem in seinen ersten beiden Filmen. Auch in NTTD findet er zu einer altersgerechten Mischung aus Desillusionierung und Verletzlichkeit, die kein anderer Darsteller in seinem Spätwerk so hinbekommen hat. (Vermutlich auch, weil es nie gefordert war.) Aber auch auf die Gefahr hin, als frustrierter Altfan zu erscheinen, neige ich immer mehr dazu, seinen Bond als eine Figur zu sehen, die zwar Bond heißt und die Nummer 007 hat, aber trotzdem nicht wirklich Bond ist.
Was mich an NTTD vor allem sehr ernüchtert, ist der Umstand, dass ich mittlerweile den Glauben in Broccoli/Wilson verloren habe. Nach TND oder DAD gab es wenigstens immer noch die Hoffnung, dass ein besserer Regisseur die Chose im nächsten Film wieder richten kann, oder eben ein anderer Darsteller. Daran kann ich nicht mehr glauben. Dieses devote und eher unwürdige Hinterherhecheln hinter einem Darsteller steht für mich dem Cubby'schen Leitsatz diametral entgegen. Wie auch fast allem anderen, was Cubby entabliert hatte. Man hat für Craig vollständig den roten Teppich ausgerollt und sich ihm fast unterworfen. Sein Wille geschehe. Wenn ich jetzt lese, dass die Produzenten erst nächstes Jahr darüber nachdenken wollen, wie es weitergeht, um Craigs Finale entsprechend zu zelebrieren, dann weiß man alles. Ich vermute, eigentlich möchten sie sich eher die Pulsadern aufschlitzen, als überhaupt darüber nachzudenken.
Und ich bin mir sicher, dass es mit dem nächsten Darsteller genauso weitergehen wird. Man wird sich bei der Suche wieder sagen, dass Charisma mehr zählt als die Beschreibungen in den Romanen. Von der Arthouse-Oscar-Schiene wird man mit Sicherheit nicht wieder weg wollen, das heißt, es wird wieder ein Schauspieler werden, der dann auch was zu spielen fordert. Also Drama, Konflikt, Emotionen, Heldenreise, das volle Programm. Die übrige Besetzung ähnlich, von Q bis zum Premierminister. Beim Regisseur sowieso. Das ging ja eigentlich schon ein bisschen mit Dalton los, der den härteren LTK mit initiierte. Brosnan hat man es seltsamerweise komplett verweht, während Craig dann Carte Blanche hatte. Beim Debütfilm gibt man Regisseur und Darsteller vielleicht noch ein paar Regeln mit auf den Weg, aber dann zunehmend nicht mehr.
Ich weiß nicht, ob ich das alles noch mal mitmachen muss. Dieses ewige, jahrelange Warten, diese bleierne Zeit zwischen den Werken, die dann der Wartezeit nicht wirklich gerecht werden. Wo man als Fan wie ein Kleinkind mit ein paar Eastereggs beglückt werden soll - die in ihrer Plakativität nur noch nerven, wie der immer und ewig gleiche GF-Aston-Martin, als ob Bond in 60 Jahren nie was anderes fuhr - während das Franchise unter dem Deckmäntelchen des 'mit der Zeit gehens' verramscht wird. Dem habe ich bei Star Trek auch schon lange gekündigt. Einen echter, wirklich sehenswerten Neustart kann ich mir unter der Ägide Broccoli/Wilson nicht mehr vorstellen. Das würde mehr Energie erfordern, als ihre letzten drei Filme zusammen ausgestrahlt haben. Daher würde mich die Übergabe in ganz andere Hände sogar freuen. Ich meine, was ist denn noch zu verlieren? Was könnte ein Abrams beispielsweise noch kaputtmachen, was nicht schon kaputt ist?
Die Gags zünden nicht recht, in einem gut besetzten Saal gab es nicht einen Lacher.
Das hatte ich während der Pressevorführung nicht ganz so erlebt. Gut, das ist eh ein sehr spezielles, ziemlich selbstverliebtes Publikum, aber einige Gags kamen gut an. Etwa Bonds Spruch bei Nomi, oder Nomis Spruch zu Moneypenny.
Was mir mit etwas Abstand auch sehr unangenehm aufstößt, ist wie man mit diesem Film Spectre abgefrühstückt hat. Gut, man hat die mit dem vorigen Film eh ein bisschen verheizt, aber jetzt gelingt es dem MI6 fast im Vorbeigehen die gesamte Organisation auszulöschen, und Blofeld stirbt auch fast nebenbei. Dabei war die Idee mit dem Auge ein richtig vielversprechender Ansatz à la Dr. Mabuse. Das war immerhin mal Bonds Erzfeind über mehr als ein ganzes Jahrzehnt hinweg. Ich frage mich wirklich, warum man das widerbelebt hat, wenn man dann absolut null Ideen dafür hat und es noch toter als tot hinterlässt. Die einzige Antwort darauf erscheint mir, dass es mal wieder um Craigs Ego ging. Er wollte nicht nur die längste Ära, den pompösesten Abschiedsfilm mit möglichst viel verbrannter Erde, sondern auch wie Connery gegen Blofeld antreten. Kann man nun von der Liste streichen, aber leider auch für immer. Wäre toll gewesen, es bei Quantum zu belassen, und die ganze Spectre-Thematik für einen neuen Darsteller aufzuheben. Aber nein, lieber verheizt man für Craig das ganze Schiff und erreicht das Ufer mit der letzten Planke. Völlig planlos.
Ich verstehe auch nicht ganz, wie bei einer so supergeheimen und bedrohlichen Organisation ein Einzelgänger wie Safin mal eben die Adresse eines Auftragskillers herausfinden und dessen Familie bedrohen kann, und ihnen so ungetraft ans Bein pinkelt. Letztlich wirkt Spectre hier noch zahnloser als der Seniorenabend in NSNA.