Ahoi there travel agents, ich möchte meine Indien-Erlebnisse mit euch teilen. Meine Frau und ich waren vom 12. September bis 6. Oktober in Indien per Rucksack unterwegs (beziehungsweise ich erst ab dem 16., weil mich die ägyptischen Behörden nicht gehen lassen wollten). Wir haben uns von Kerala im Süden per Zug, Bus, Rikscha nach Delhi hochgearbeitet. Stationen waren unter Kochi, Mumbai, Jaipur, Sawai Madhpour - aber natürlich auch das traumhafte Udaipur und das Taj Mahal in Agra. Ich schreibe hier ausführlicher zu den Bond-Plätzen, am Ende noch ein paar Hinweise zum Rest des Subkontinents.
UDAIPUR - TAG EINS
"Das ist sexuelle Diskriminierung. Das muss ich unbedingt mal näher betrachten." - Das Taj Lake Palace
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc11712bjyma7uf1.jpg[/img]
Da meine Frau Geburtstag hatte, habe ich ihr eine Übernachtung im Taj geschenkt. Im Film werden hier die Innenaufnahmen von Octopussy's Amazoneninsel gedreht. Das Lake Palace geört zu den exklusivsten Luxushotels der Welt und liegt auf Jag Niwas, einer Insel im Pichola-See direkt vor der Altstadt von Udaipur. Der Palast war einst Sommerresidenz der Maharaja-Familie, seit 1963 ist es ein Hotel. Besucher haben keinen Zugang zur Insel - es war also klar, dass wir uns das Erlebnis gönnen. Nach anderthalb Wochen Rucksacktour sahen wir zwar nicht nach Luxusmaterial aus, aber der Hund drauf. Ein Kleid hatte ich Julia aufgeschwatzt, einzupacken. Das war auch bitter nötig: Da ich im Hotel angefragt hatte, ob sie uns einen Bond-Zeitzeugen beschaffen können und sie das Geburtstagsdatum gesehen hatten (sowie wohl in meiner Mailsignatur unser Blog
HuntingBond), wurden wir kurzerhand auf eine Suite hochgebucht und mit der "Octopussy"-DVD und zwei Vesper-Martinis begrüßt. Schlimmer noch, als wir zum Abendessen wollten, fragte uns der Restaurantmanager, ob er uns zum "ersten und letzten Drehort des Hotels" entführen dürfe.
Es gibt drei Locations, von denen uns aber nur zwei in den Sinn kamen: Der Lilienteich im Innenhof des Gebäudes, hier tummeln sich die Amazonen. Und die Terrasse am Nordostende des Gebäudes mit Blick auf die Altstadt von Udaipur, hier spazieren Bond und Octopussy in einer Szene entlang. Wir dachten an die Terrasse, obgleich sie nicht "erster und letzter Drehort" ist - immerhin kann man die Terrasse für Candlelight-Dinner buchen. Tatsächlich war die
Royal Gangaur gemeint, das Ruderboot, mit dem Kamal Khan auf die Insel gebracht wird und in der sich Octopussy und Bond vor dem Abspann vergnügen...
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc1087sm17tjknce.jpg[/img]
Der Lilienteich
[img]http://www.fotos-hochladen.net/uploads/dsc108918v49kslho.jpg[/img]
Die Terrasse
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc1161enmkqpi9xd.jpg[/img]
Die Royal Gangaur mit dem Lake Palace im Hintergrund
Die Royal Gangaur ist eines von zwei Ruderbooten, das der Maharaja von Udaipur (lokal auch Maharana genannt) Mitte des 19. Jahrhunderts bauen lies. Damit fuhr die Königsfamilie zum allfrühlinglichen Gangaur-Fest, einem Hinduritual zu Ehren der Ehe, an die Ufer der Altstadt, um dem Volk Geschenke zuzuwerfen. Nach der britischen Herrschaft und der Unabhängigkeit Indiens verarmten jedoch die meisten Königshäuser in Rajasthan (obgleich es sie noch gibt). In der Folge verrotteten beide Boote ungenutzt. Als die Bondcrew 1982 zu den Dreharbeiten für "Octopussy" anrückte, wollten sie unbedingt ein Boot haben ... und haben es mit lokalen Handwerkern aufwendig saniert. Dass die Stadt - und das Taj-Hotel - heute das Ruderboot haben, verdanken sie also allein Mr. Bond.
Auf dem Boot gibt es keinerlei Elektrik: Wie damals wird per Hand gerudert und allein mit Kerzen illuminiert. Speisen und gekühlte Getränke werden ganz dekadent mit einem motorisierten Beiboot von der Insel aus herangefahren. Zwei Stunden auf dem Boot kosten 1500 US-Dollar, für bis zu 20 Personen ist Platz. Wie damals ist es blau und rot angestrichen. Allein der Aufbau am Heck ist anders: Im Film war hier noch ein Baldachin drauf gezimmert.
Hier übrigens unser (englischer) Eintrag auf unserem Blog:
On His Maharaja's Sacred Service
UDAIPUR - TAG ZWEI
"Ich wusste nicht, dass die Preise für Eier so gestiegen sind." - Das Shiv Niwas Palace
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc0165uzd2lr407g.jpg[/img]
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc01697qz0u28n5w.jpg[/img]
Ausgang des Innenhofs - im Film jedoch Außentor unmittelbar zur Altstadt im Norden des Palastkomplexes
Am nächsten Morgen haben wir wieder auf's Festland übergesetzt - und gleich ins nächste Bondhotel eingecheckt. Das Shiv Niwas Palace ist das Hotel, in dem sowohl die Filmcrew während der Dreharbeiten abstieg als auch Bonds Udaipur-Aufenthalt filmte. Witzigerweise hat Moore in der gleichen Suite (die Nr. 5) gewohnt, in der auch die Liebes- und Balkonszene mit Magda gedreht wurden.
Das Shiv Niwas gehört zum Palastbezirk Udaipurs. Bis 1982 war es noch Teil des Palastes, dann wurde es in ein Hotel verwandelt - die Filmcrew waren die ersten Gäste. Auch heute noch schläft der Maharaja unmittelbar nebenan: Das Shiv Niwas hat eine Autozufahrt von Osten und einen Fußgängerzuweg nach Norden in Richtung Altstadt, bei dem man auf einem abgezäunten Weg an Wachen vorbei durch den Hof des Maharaja tappert. Weiterhin gehören zum Palastkomplex mehrere Museen.
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc0157jwnc304smi.jpg[/img]
Suite Nr. 5, bewohnt von Mr. Moore und bespielt von Mr. Bond. Im Hintergrund der nun verglaste Balkon
Das vermeintliche Außentor des Hotels mit den Elefantenstatuen liegt in Wahrheit im Innenhof. Selbiger Innenhof doublet auch den Innenhof vom Monsoon Palace, Kamal Khans Festung. Das Dinner mit Magda wurde am Pool des Hotels gedreht, auch die Open-Air-Rezeption wurde dort aufgebaut. Direkt hinter der vermeintlichen Rezeption liegt der Eingang zu Suite Nr. 5 - der einst offene Balkon wurde jedoch verglast.
"Rupiiieeeeen!" - Der Jagdish-Tempel
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc1285z9hwalp2k7.jpg[/img]
Geht man vom Palastkomplex gen Norden, führt die Straße unweigerlich ins Herz der Altstadt: den Jagdish-Tempel. Entlang dieser Straße, vor dem Tempel und in den umliegenden Straßen wurde die Rikscha-Verfolgungsjagd sowie der ganze Klischee-Zirkus rund um Feuerschlucker und Fakire gedreht. Die Atmosphäre am Tempel ist ähnlich lebendig wie im Film (wobei es in Udaipur keine Kamele, sondern massig Kühe gibt). Allerdings haben uns (die vom Taj vermittelten) Zeitzeugen auch berichteten, dass damals ganz Udaipur auf der Straße zusammenkam, um für ordentlich Menschenmassen zu sorgen. Die Filmcrew hat wahllos Rupien verteilt (wie Bond im Film), um Komparsen zu bekommen. Allerdings seien sie dann am Chaos verzweifelt: denn kein Udaipurkar hörte auf die Regie und stand dann doch meist dort, wo die Rikschas fahren sollten.
Die Gasse mit dem MI6-Versteck haben wir leider nicht gefunden, die Treppenfahrt wurde wohl aber in einer Gasse nordwestlich am Hinterausgang des Tempels gedreht. Der Innenhof, in dem die Fakire leben, dürfte zum Bagore-ki Haveli Museum auf der Rückseite des Gangaur Ghat gehören.
"Sie nehmen englisches Geld, hoffe ich?" - Gangaur Ghat
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc0076a76hlfvuib.jpg[/img]
Der Gangaur Ghat selbst liegt westlich vom Jagdish-Tempel am Ufer des Pichola-Sees. Ein
ghat bezeichnet eine öffentliche Bade- und Waschstelle. Für gewöhnlich sind Männer und Frauen getrennt, Bond kommt im Film selbstverständlich am Frauenufer an und trifft auf Vijey.
Die Bezeichnung Gangaur Ghat kommt vom oben bereits erwähnten Gangaur-Festival, das vor allem hier abgehalten wird. Noch heute ist das Ghat der Schmelztiegel der Stadt, wer ein bisschen dort verweilt, kann Jungs beim Plantschen und Frauen beim Wäsche waschen - beziehungsweise schwatzen - zusehen. Allerdings muss man verweilen, denn die Lebhaftigkeit ist arg ausgedünnt und hat nur noch wenig mit dem Trubel im Film zu tun. Der Grund ist falsch verstandener Protektionismus: Die Stadtverwaltung hat das Baden und Waschen offiziell verboten, die meisten Udaipurkars halten sich daran. Es kam in der jüngsten Zeit mehrmals zu Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen und Touristen, nachdem letztere ohne zu fragen erstere beim Baden fotografierten. Da die älteren Frauen - auch als wir dort waren - nach wie vor nackt am Ufer baden, eine delikate Situation. Allerdings geht das Verbot meiner Meinung nach in die falsche Richtung.
Die beste Zeit, hier zu sein, ist sicher zum Jahreswechsel. Im September und Oktober - unmittelbar nach der Monsunzeit - sind alle Stufen überflutet. Im Frühling kann es sein, dass der See schon zu weit ausgetrocket ist, um noch schöne Bilder zu bekommen.
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc0072gcle27bdha.jpg[/img]
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc0382qr0emdhxfb.jpg[/img]
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc0330uqbh3dk2ai.jpg[/img]
Spontane Baptismen zum Ganesh Chaturthi
Richtig lebendig ist Gangaur Ghat jedoch, wenn ein Hindufest stattfindet. Wir waren zu Ganesh Chaturthi da, dem Geburtstag des Elefantengottes Ganesh. Dann strömen die Maßen zum Ufer, tanzen, baden, ziehen feine Kleider an und schmeißen mit den von Holi bekannten Farbpulvern um sich. Auch für Bondfans ist der Ort prima: Einige Cafés und Backpackerhostels in der Umgebung bieten allabendliche Vorführungen von "Octopussy" an - denn von ihren Dachterrassen aus kann man alle Schauplätze auf einmal sehen: Den Jagdish-Tempel hinter sich, das Shiv Niwas und die Inseln vor sich, den Monsoon-Palast in der Ferne.
UDAIPUR - TAG DREI
"Sie wohnt in dem schwimmenden Palast..." - Jag Mandir
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc02490pbdr8meuv.jpg[/img]
Die Außenaufnahmen von Octopussy's Insel wurden vor Jag Mandir gedreht. Das ist die zweite Insel auf dem Pichola-See - sie liegt am südlichen Ende, in größerer Distanz zur Stadt. Auf der Insel steht ein alter Tempel, mittlerweile wurde es aber mit einem kleinen Luxushotel, einem Spa und Cafés zu einem Tourismusziel "upgegradet". Etwa halbstündlich fahren Boote eine Tour auf dem Pichola-See und halten auf Jag Mandir. Man kann dann so lange bleiben, wie man möchte - oder eben, bis das letzte Boot heimkehrt. Eine Rundfahrt kostet bis 15 Uhr 400 Rupien, dann zählt der Sonnenuntergangstarif für 700 Rupien. Die Ablegestelle liegt innerhalb des Stadtpalast-Komplexes (zu dem neben den Museen und der Maharaja-Residenz auch das Shiv Niwas gehört), daher muss man zuvor 50 Rupien Eintritt für das Gelände zahlen, bevor man ans Seeufer kommt.
Die Tour lohnt sich: Schon vor dem Einsteigen kommt man unterhalb des Shiv Niwas entlang und kann auf Bond's Balkon schauen und sehen, wo sich Magda abgeseilt hat. Direkt dahinter beginnt ein riesiger Garten. Hier wurden die Dschungelszenen mit der Elefantenjagd gedreht (im Film kann man auch das oberste Stockwerk des Shiv Niwas hinter den Bäumen erkennen). Einige Location-Scouts behaupten, es sei der Garten des Shiv Niwas. Das ist allerdings eine Fehlinformation: Der Garten gehört dem Bruder des Maharaja, Zutritt ist strengstens verboten. Allerdings kann man von der Palastmauer ganz gut in den "Dschungel" herabschauen.
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc0179xr34bvah16.jpg[/img]
Blick von der Festungsmauer hinab zum Privatdschungel des Maharaja-Bruders
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc0172f3g2zbwhqr.jpg[/img]
Unterhalb von Bond's Balkon...
Die eigentliche Bootstour führt zunächst nach Norden am Stadtpalast vorbei - von wo aus Vijey und Bond zu Beginn aus der Rikscha auf den Monsoon Palace schauten - und dann an Gangaur Ghat vorbei. Dann dreht das Boot gen Süden und zirkelt am Taj Lake Palace und dem davor ankernden Royal Gangaur vorbei, bevor es auf Jag Mandir anlegt. Die Oktopoden am Landungssteg waren natürlich nur Kulisse, die Elefantenstatuen mit Blick auf den See sind jedoch echt. Am besten kann man sie sehen, wenn das Boot wieder ablegt - Steuerbordseite.
"Da wohnt Kamal ... im Monsun-Palast" - Sajjan Garh, der Monsoon Palace
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc0526z9gayi5l8m.jpg[/img]
Am Abend unseres letzten Udaipur-Tages wollten wir noch zum Bösewicht. Der Monsoon Palace - einheimisch Sajjan Garh - thront gut sichtbar auf einem Berg westlich von Udaipur. Aus dem Stadtzentrum fahren Taxen und Rikschas in circa 20 Minuten hinauf. Der Park liegt in einem Naturschutzgebiet, daher dürfen Rikschas ab Eingang nicht weiter. Ein gewitzter Taxifahrer bietet einen täglichen Sonnenuntergangs-Shuttle an. Hin und zurück für 250 Rupien, weitere 300 kostet der Parkeintritt. Der Kerl heißt Tillu (Handynummer: +919784400120). Es lohnt sich, Plätze zu reservieren, denn sein Bus hat nur für sieben gestapelte Menschen Platz und ist sehr beliebt.
Der Palast an sich ist leider enttäuschend: Seit Jahrzehnten wartet er auf Renovierung, das Eingangstor verfällt und das Innere ist komplett entkernt. Sämtliche Innenaufnahmen aus Kamal Khans Festung entstanden entweder im Studio oder im Vorhof des Shiv Niwas. Allerdings ist die Atmosphäre traumhaft. Der Sonnenuntergang taucht die Nebelberge in der Ferne in ein sanftes Gold, Affen turnen auf der Brüstung umher, eine sanfte Brise weht. Vor allem junge indische Pärchen kommen hier zum heimlichen Schmusen hin...
[img]http://img5.fotos-hochladen.net/uploads/dsc0508gwh7a4rn2x.jpg[/img]
Das verwitterte Palasttor